Bericht zur 11. Jahrestagung des AK in Göttingen (2021)

Elfte Jahrestagung des Arbeitskreis Südasien

Die elfte Jahrestagung des AK Südasien wurde durch die Arbeitsgruppe für Humangeographie der Universität Göttingen ausgerichtet. Pandemiebedingt fand die Tagung im Mai virtuell statt. Auch inhaltlich war die Pandemie ein zentrales Thema der Arbeitskreissitzung, da sie für die Forschungsbedingungen der meisten Arbeitskreismitglieder erhebliche Einschränkungen mit sich bringt. Der Austausch über den Umgang mit diesen Limitierungen nahm in den virtuellen Kaffeepausen viel Raum ein, zusätzlich hatten die Organisator*innen – Christoph Dittrich und Miriam Wenner – hierfür eine eigene Sitzung vorgesehen. Auch wenn der virtuelle Austausch das persönliche Treffen nur ansatzweise ersetzen kann, bot die Plattform „Wonder“ die Möglichkeit des informellen Austauschs im Rahmen virtueller Kaffeepausen im „Indian Coffeehouse“. Einer der wenigen Vorteile des Onlineformats war die Aufnahme südasiatischer Referent*innen in das Programm. Insgesamt nahmen gut 30 Teilnehmer*innen an der Veranstaltung teil. Mit elf Vorträgen in vier thematischen Sitzungen sowie der Mitgliederversammlung erstreckte sich die Tagung über zwei halbe Tage.

Am Beginn der Tagung stand die Begrüßung durch die Göttinger Organisator*innen. Die erste inhaltliche Sitzung der englischsprachigen Tagung befasste sich mit „Rural-Urban Transformations“. Saurav Chakraborty stellte stellvertretend für seine Co-Autoren Alexander Follmann und Priyank Pravin Patel die Ergebnisse einer Studie vor, die sich mit Land-Use / Land-Cover-Change in der indischen National Capital Region befasste. Die Untersuchung zeigt, dass über 40% der beobachteten Transformation in ländlichen Räumen stattfindet, das heißt im indischen Kontext, ohne entsprechende administrative Strukturen. Im zweiten Vortrag stellte Sarah Luft (mit Carsten Butsch als Co-Autor) die Ergebnisse eines Projekts vor, das sich mit der sich verändernden Rolle von Wasser in periurbanen Räumen der indischen Metropolen Pune, Hyderabad und Kolkata befasst. Als Reaktion auf den pandemiebedingt nicht mehr vorhandenen Feldzugang wurde die Methodik der zweiten Erhebungsphase angepasst und eine zweigleisige Delphistudie durchgeführt, deren erste Ergebnisse hier vorgestellt wurden.

In der zweiten Sitzung stellte Neda Yousefian stellvertretend für ihre Co-Autor*innen Soubadra Devy, K. Geethaund Christoph Dittrich die Ergebnisse einer Studie durch, die sich mit dem Zugang zu Nahrungsmitteln während des COVID-19 bedingten Lockdowns befasst. Die Wissenschaftler*innen untersuchten mit einem Mixed-Methods-Ansatz, wie spontan neue Formen der Direktvermarktung entstanden und wie nachhaltig diese neuen Strukturen sind. Anschießend stellte Elena Wenninger die Ergebnisse ihrer  Masterarbeit vor. Aus praxistheoretischer Perspektive untersuchte sie, wie das Konzept der „food safety“ die soziale Praxis der Mittelschicht in Bengaluru beeinflusst.

Nach einer virtuellen Kaffeepause folgte ein von Carsten Butsch vorgetragener Input des Sprecherteams (Judith Müller, Alexander Follmann, Markus Keck) zur COVID-19 Situation in Südasien, gefolgt von einer Diskussion über die Folgen für die Region und das geographische Arbeiten in Südasien. Im Anschluss daran fand die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises statt. Hier wurde zunächst über gemeinsame Aktivitäten im vergangenen Jahr berichtet, unter denen das Themenheft in ASIEN herausragt. Diskutiert wurde über mögliche gemeinsame Aktivitäten, unter anderem ein Buchprojekt. Zusätzlich sprach Carsten Butsch eine Einladung für die nächstjährige Tagung des AK nach Bonn im Januar 2022 aus, womit der erste Tag endete.

Samstags behandelten die Vorträge der dritten Sitzung Governancefragen. Hannah Uprety stellte ihre laufende Forschung zu den Vermarktungsstrukturen nepalesischer Arbeitskräfte vor. In ihrer ethnographischen Forschung untersucht sie unter anderem, wie der Anwerbungsprozess von Arbeitskräften verläuft. Anika Trebbin stellte anschließend ihre Arbeiten zu land grabbing in Indien vor. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Analyse der Enteignungen, um den Anbau von Jatropha in großem Maßstab zu fördern und die damit in Verbindung stehenden Bauernproteste. Der dritte Vortrag von Michael Spies befasste sich mit dem China-Pakistan-Economic-Corridor und der damit in Zusammenhang stehenden Veränderungen landwirtschaftlicher Strukturen. Er konnte zeigen, dass die infrastrukturelle Anbindung Nordpakistans an Absatzmärkte in China nicht den gewünschten positiven Effekt hat, da es für pakistanische Bauern zahlreiche Zugangsbarrieren zu chinesischen Absatzmärkten gibt.

In der vierten und letzten Sitzung unter der Überschrift „Livelihoods“ stellte zunächst Eva Posch ihr Promotionsprojekt vor, das sich mit Tourismus in Nepal befasst. Sie untersucht darin, wie Anbieter*innen touristischer Dienstleistungen auf Shocks reagieren, die zu einem Abnehmen touristischer Aktivitäten führen. Mehwish Zuberi erörterte in ihrem Vortrag die Frage „To grow or not to grow“? Sie untersucht die Abwägungsprozesse kleiner landwirtschaftlicher Betriebe im Süden der pakistanischen Provinz Punjab hinsichtlich des Anbaus von Baumwolle. Als letzter Referent stellte Siraz Hirani, der für die indische NGO SEWA tätig ist, ein Projekt vor, das sich partizipativen Gvernance-Ansätzen in indischen Slums befasst. Auch dieses Projekt fand teilweise unter Nutzung der Plattform ZOOM statt, und zeigte, dass auch Community Based Organisations in Marginalsiedlungen auf diesem Weg erreicht werden können, wenn es die ungewöhnlichen Umstände erfordern.

Zum Abschluss der Tagung zog das Organisator*innenteam ein gemischtes Fazit der Tagung, in dem sie Vor- und Nachteile des virtuellen Formats gegeneinander abwogen. Ein ausführlicher Tagungsbericht mit peer-reviewten Extended Abstracts der Tagung (dreiseitige Zusammenfassungen der Vorträge) wird demnächst als Band 13 in der Schriftenreihe des AK erscheinen, die kostenlos im PDF-Format auf dem DFG-geförderten Fachinformationsportal Cross-Asia veröffentlicht wird (https://crossasia-books.ub.uni-heidelberg.de/xasia/catalog/series/gsa). Ein call for paper für die nächstjährige Jahrestagung wird in dieser Ausgabe des Rundbriefs veröffentlicht. Dies Tagung wird am 21. und 22. Januar 2022 in Bonn stattfinden.

Das Sprecher*innenteam des Arbeitskreises und die Organisator*innen