8. Jahrestagung des AK in Köln – Rückblick

Am 19. und 20. Januar 2018 fand an der Universität zu Köln die achte Jahrestagung des Arbeitskreises Südasien in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) statt. Ausgerichtet wurde die Tagung mit dreißig Teilnehmenden in diesem Jahr von Carsten Butsch und Alexander Follmann. Höhepunkt der Veranstaltung war die Verleihung des Forschungspreises „Geographien Südasiens“ für die beste geographische Abschlussarbeit zu Südasien. Raphael Pinheiro Machado Rehm erhielt die Auszeichnung für seine an der Universität Augsburg vorgelegte Masterarbeit mit dem Titel „Small scale variability in soil hydraulic properties in headwater catchment of the Indian Western Ghats”. Erstmals wurde mit dem 2015 initiierten Preis des Arbeitskreises eine physisch-geographische Arbeit prämiert. Die Auswahl erfolgte durch eine Jury bestehend aus Prof. Dr. Martin Franz, Osnabrück, Prof. Dr. Markus Nüsser, Heidelberg, und Prof. Dr. Matthias Schmidt, Augsburg. Neben der ideellen Förderung erhielt Herr Rehm ein Jahresabonnement der Geographischen Rundschau und einen Büchergutschein des Franz Steiner Verlags. Im Anschluss an die Preisverleihung durch Markus Keck stellte Herr Rehm seine Arbeit vor.

Die Tagung begann am Freitagnachmittag mit logistischen Schwierigkeiten, weil die Anreise der Teilnehmenden durch das Sturmtief „Friederike“ zum Teil beeinträchtigt wurde. Die geplante Sitzungsstruktur konnte deshalb nicht eingehalten werden, die südasienerprobten Teilnehmenden stellten aber ihre Flexibilität unter Beweis. Planmäßig begann die Tagung nach der Begrüßung durch das Sprecherteam mit dem Vortrag von Tatiana López Ayala (Köln) zu „ArbeiterInnen in Globalen Produktionsnetzwerken: Lokales Arbeitskontrollregime und gewerkschaftliche Organisierung im Export-Bekleidungscluster Bangalore“. Sie zeigte, wie das Kontrollregime im Bekleidungsproduktionsnetzwerk auf der lokalen Ebene durch das komplexe Zusammenspiel der Strategien von Akteuren auf verschiedenen Ebenen geprägt wird.

Außerplanmäßig folgten dann drei Vorträge aus dem Bereich der Hochgebirgsforschung. Zunächst sprachen Juliane Dame (Heidelberg), Julia Poerting (Bonn) und Stefanie Raschke (Heidelberg) über Perspektiven und Herausforderungen bei der Einführung standardisierter Anbausysteme in den Hochgebirgsregionen Südasiens. Dabei gingen sie insbesondere auf Machtfragen in (inter)nationalen standardisierten Nahrungsmittelketten und die Beziehungen zwischen sich verändernden Lebensgrundlagen und neuen Märkten ein. Corinna Wallrapp (Göttingen) präsentierte anschließend ihre Forschungsergebnisse zur Kommodifizierung des chinesischen Raupenpilz. Unter dem Titel „Institutional Issues, Power Struggles and Local Solutions – Governance Systems of Yarshagumba Collection in India and Nepal in the Kailash Landscape” zeigte sie, welche lokalen und regionalen Veränderungen durch die gestiegene Nachfrage nach dem als Pharmazeutikum verwendeten Pilz auslöst werden. Der regionale Schwerpunkt der südasiatischen Hochgebirgsforschung wurde von Miriam Wenner abgeschlossen. Sie analysierte in ihrem Vortrag, wie Idealvorstellungen von Politik und Antipolitik handlungs- und raumwirksam werden und zur Legitimierung von politischen Akteuren beitragen. Ihr Fallbeispiel  befasste sich mit einer sozialen Bewegung, die für regionale Autonomie im indischen Darjeeling eintritt.

Nicolas Schlitz (Osnabrück), der auf Grund des das Sturmtiefs verspätet eingetroffen war, sprach als letzter Referent des Tages über die gesellschaftliche Einbettung der Wertproduktion in informellen Recyclingnetzwerken am Beispiel Kalkuttas. Im Anschluss an seinen Vortrag folgte eine Diskussion über Forschungsethik und die besonderen Bedingungen von Forschung durch europäische WissenschaftlerInnen im Globalen Süden. Diese hatte Katharina Molitor (Köln) vorbereitet. Als Diskussionsanregung hatte sie im Vorfeld der Tagung eine Befragung der AK-Mitglieder zu den verwendeten Forschungsmethoden durchgeführt, deren Ergebnisse sie im Rahmen der Jahrestagung präsentierte.

Die erste Sitzung am Samstagmorgen befasste sich mit der indischen Diaspora. Den ersten Vortrag hielt Pierre Gottschlich (Rostock) über „Die indische Diaspora in den USA als transnationaler politischer Akteur“. Er zeigte, dass diese in den USA gut integriert und wirtschaftlich erfolgreich ist. Weiterhin machte er deutlich, dass diese Diaspora für die Entwicklung des Hindunationalismus in Indien von besonderer Relevanz war/ist. Hindugemeinden in den USA werden bereits seit den 1970er Jahre von nationalistischen Organisationen geprägt bzw. unterwandert und haben großen Einfluss auf die Identität der zweiten Generation. Carsten Butsch (Köln) stellte seine Forschungsergebnisse über Rimessen indischer MigrantInnen in Deutschland vor. Er zeigte, aufgrund welch unterschiedlicher Motivationen Rimessen an Familienmitglieder und Freunde bzw. für wohltätige Zwecke gezahlt werden und wie sich diese Praktiken und Motive im Laufe der Zeit verändern.

In der zweiten Sitzung zu Landwirtschaft und Landnutzungswandel stellte zunächst Paul D. Wagner (Kiel) ein Modell zur Abschätzing zukünftigen Landschaftswandels dar. Unter dem Titel: „Landnutzungswandel in den indischen Westghats: Vergangene und mögliche zukünftige Entwicklungen sowie räumliche Einflussfaktoren“ zeigte er zunächst, dass in den Westghats in der Vergangenheit eine Abnahme naturnaher Flächen und eine Zunahme von Siedlungsflächen mit einer Zunahme von Ackerflächen einhergingen. Für die Zukunft prognostiziert sein Modell urbanes Wachstum auch auf Kosten von Ackerflächen. Luisa Knobloch (Göttingen) sorgte mit ihrem Vortrag „Gentechnik in der Landwirtschaft Indiens – eine Politik des Wissens und Nicht-Wissens“ für eine intensive Diskussion. In dem Vortrag stellte sie die Mechanismen hinter politisierten technologischen Transformationen in Indien in der jüngeren Vergangenheit dar. Katharina Molitor (Köln) diskutierte in ihrem Vortrag die Rolle von Schwankungen der Nahrungsmittelpreise in Bezug auf die Ernährungssicherheit von Kleinbauern und ihrer Inklusion in (lokale) Märkten am Beispiel Bangladeschs.

In der abschließenden Sitzung  zu wirtschaftlichen Entwicklungen sprach zunächst Raquib Ahmed (Köln) über „Economic Integration in South Asia and the regionalization process“. Er stellte die unterschiedlichen Ansätze zur wirtschaftlichen Kooperation innerhalb Südasiens vor und analysierte die Chancen einer vertieften ökonomischen Integration in der Region. Den letzten Vortrag hielt Satyendra Singh (Köln). Er stellte die Ergebnisse seines laufenden Dissertationsvorhabens unter dem Titel Informality as instrument of formal sector competitiveness – A case study of Women Homeworkers in Delhi – India“ vor. Dabei untersucht er welche Verbindungen zwischen weiblichen Heimarbeiterinnen und dem formalen Sektor in Delhi bestehen. Er zeigte, wie sich Arbeiterinnen wettbewerbsfähig machen, obwohl sie sich ohne jegliche Form der sozialen Sicherheit in einer prekären Situation befinden.

Auf der Mitgliederversammlung des Arbeitskreises am Freitagabend wurden die Aktivitäten des vergangenen Jahres vorgestellt. Neben der Jahrestagung wurden auf verschiedenen Tagungen gemeinsame Sitzungen organisiert und zwei Bände in der Veröffentlichungsreihe herausgegeben. Bei den jährlichen Wahlen des Sprecherkreises wurden Carsten Butsch (Köln), Alexander Follmann (Köln), Martin Franz (Osnabrück), Markus Keck (Göttingen) bestätigt. Julia Poerting (Bonn) wird nach einer Übergangszeit als Koordinatorin der Schriftenreihe von Judith Müller (Heidelberg) ersetzt. Die nächste Jahrestagung findet am 25. und 26. Januar 2019 in Heidelberg statt.