5. Jahrestagung 2015 in Göttingen – Rückblick

Am 23. und 24. Januar 2015 fand die fünfte Jahrestagung des Arbeitskreises Südasien der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) statt. Gastgeber war die Abteilung Humangeographie des Geographischen Instituts der Universität Göttingen. Am 23. und 24. Januar 2015 fand an der Georg-August-Universität Göttingen die fünfte Jahrestagung des Arbeitskreises Südasien in der Deutschen Gesellschaft für Geographie (DGfG) statt. Gastgeber waren in diesem Jahr Christoph Dittrich, Markus Keck und Helene Grenzebach von der Abteilung Humangeographie des Geographischen Instituts. Höhepunkt der diesjährigen Veranstaltung war die Verleihung des Forschungspreises „Geographien Südasiens 2015“für die beste geographische Abschlussarbeit zu Südasien. Hannah Waitzinger, Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Geographie der Universität Münster, erhielt die Auszeichnung für ihre Masterarbeit mit dem Titel „Nepalese labor migrants in the Middle East – The constructions and practices of transnational migration between exploitation and economic opportunity“. In seiner Laudatio stellte Gastgeber Markus Keck heraus, dass es sich um eine analytisch tiefe und theoretisch ausgesprochen fundierte Arbeit handelt, die einen Beitrag zu aktuellen Debatten innerhalb der geographischen Migrationsforschung leistet. Ausgewählt worden war die Arbeit durch eine Jury aus vier Professorinnen und Professoren. Als Teil der Auszeichnung erhielt Hannah Waitzinger ein Jahresabonnement der Geographischen Rundschau. In einem spannenden Vortrag stellte Hannah Waitzinger ihre Arbeit vor und zeigte auf, wie sie die Thematik in ihrem aktuellen Dissertationsvorhaben weiterführt.

Vorangegangen war eine Einführung von Christoph Dittrich (Göttingen), in der er auf wissenschaftstheoretische Herausforderungen transkultureller Forschungsvorhaben hinwies und die Relevanz aktueller geographischer Südasienforschung herausstellte. Im Anschluß daran folgten eine Reihe von Vorträgen. In der ersten Session zu aktuellen Dynamiken in urbanen Räumen, stellte Helene Grenzebach (Göttingen) ihre theoretischen Überlegungen zu der historischen Entwicklung öffentlicher Räume in Indien vor, wobei sie vor allem auf die Diskontinuitäten von der prä- zur postkolonialen Zeit einging. Tine Trumpp (Köln) sprach über Cultural Governance im Kontext der prekären Lage von Kulturdenkmälern in Neu Delhi und hinterfragte kritisch verschiedene Diskurse zum Denkmalschutz vor Ort. . Sumeet Mhaskar (Göttingen) diskutierte die politische Mobilisierung von ehemaligen Textilarbeitern im post-industriellen Mumbai vor dem Hintergrund der Schließung von knapp 60 Tuchfabriken und zeigte die aktuellen Missstände auf, allen voran grassierende Arbeitslosigkeit und fehlender Wohnraum. In einer zweiten Session am Freitag zu aktuellen Dynamiken in ländlichen Räumen sprach Matthias Schmidt (Hannover) zunächst über die beeindruckenden Entwicklungen etwa im Ausbau der Infrastruktur und im Bildungsbereich, die sich in den letzten Jahren im pakistanischen Karakorum vollzogen haben. Anschließend führten die Vorträge von Amelie Bernzen (Köln) und Aditya Ghosh (Heidelberg) in die Deltaregionen Westbengalens und Bangladeschs. Bernzen stellte in ihrem Vortrag Aspekte eines interdisziplinären Forschungsprojektes zum Landnutzungswandel in Bangladesch vor und präsentierte erste Ergebnisse einer laufenden Haushaltbefragung. Ghosh zeigte auf, welche Diskrepanzen zwischen den Definitionen für Katastrophen durch die UN und den Alltagserlebnissen der im Delta lebenden Bevölkerung bestehen. In seinem Untersuchungsgebiet führt der Klimawandel zu einer Abfolge vieler kleiner Katastrophen für die Küstenbevölkerung, die in der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden.

Der Samstag begann mit einer weiteren Session zu urbanen Räumen. Judith Müller (Heidelberg) referierte über den Zusammenhang von Urbanisierungsprozessen und dem Wandel im Umgang mit der Ressource Wasser am Beispiel der wasserknappen Region Ladakh im indischen Himalaya. Mareike Kroll (Köln) stellte in ihrem Vortrag „Some doctors will be lazy, or not wanting to reveal their diagnostic skills” Erfahrungen bei der Implementierung eines Projektes zum Monitoring von nicht übertragbaren Krankheiten in Pune vor. Alexander Follmann (Köln) diskutierte in seinem Vortrag die Bedeutung von Grün- und Freiflächen in indischen Großstätten, die im Zuge des urbanen Transformationsprozesses vermehrt ins Blickfeld von Stadtentwicklungsbehörden und Investoren geraten und so nicht selten zum Gegenstand von Nutzungskonflikten werden. In der darauf folgenden Session zu Agro-Food-Netzwerken verglich zunächst Inka Gersch (Osnabrück) die Potentiale von landwirtschaftlichem Vertragsanbau auf der einen und Kooperativen von Produzierenden auf der anderen Seite im Hinblick auf die Einbindung von Kleinbauern in moderne Lieferketten vor. Nicole Vital (Freiburg) analysierte die Bedeutung von kolonialen und postkolonialen Einflüssen auf die Ausbreitung von genmanipulierter Baumwolle in Indien. Schließlich stellte Julia Poerting (Heidelberg) heraus, welche Auswirkungen die Einführung von zertifizierter Bio-Landwirtschaft auf die Landbesitzverhältnisse in Nordpakistan hat.

Die letzte Session der Tagung hatte Multi- und Translokalität zum Thema. Harald Sterly (Köln) stellte seine Arbeit zu Mobilkommunikation in translokalen familiären Konstellationen in Bangladesch vor und diskutierte verschiedene Nutzungstypen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen. Juliane Dame (Heidelberg) sprach über den Zusammenhang von Diversifizierung der Lebenssicherung und verändertem Mobilitätsverhalten in Ladakh, Nordindien und problematisierte in diesem Kontext auch das oft enge räumliche Verständnis von Haushalten in der geographischen Forschung. Schließlich stellte Carsten Butsch (Köln) sein neues Forschungsprojekt zu transnationalem Handeln indischer Migranten in Deutschland vor.

Auf der Mitgliederversammlung wurde auf ein erfolgreiches Jahr zurückgeblickt: Seit der letzten Jahrestagung erschienen gleich zwei Themenhefte zu Südasien (in der Zeitschrift ASIEN von der Deutschen Gesellschaft für Asienkunde e.V. und in der Geographischen Rundschau)  deren Autoren sich allein aus Mitgliedern des Arbeitskreises zusammensetzen. Weitere gemeinsame Themenhefte (im Internationalen Asienforum des Arnold-Bergstraesser-Insituts und in Transcultural Studies, herausgegeben vom Exzellenscluster „Asia and Europe in a Global Context: The Dynamics of Transculturality“ der Universität Heidelberg) sind geplant und die Veröffentlichungsreihe des Arbeitskreises „Geographien Südasiens“ wird 2015 erstmals mit mehr als einem Band pro Jahr erscheinen. Bei den jährlichen Wahlen des Sprecherkreises wurden Carsten Butsch (Köln), Martin Franz (Osnabrück), Markus Keck (Göttingen), Mareike Kroll (Köln) und Julia Poerting (Heidelberg) als Sprecher bestätigt.

Markus Keck und Martin Franz

Das Programm der Jahrestagung finden Sie hier.